Sachverhalt: Die Klägerin (Anlagenbetreiberin) nahm in den Jahren 2010 und 2011 zwei Biogas-Blockheizkraftwerke in Betrieb (Hofanlage 2010, Satellitenanlage 2011). Die Satellitenanlage erhielt 2013 eine immissionsschutzrechtlichte Genehmigung. Die Hofanlage benötigte zum Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme noch keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung, weil sie den Schwellenwert von 1 MW nicht überschritt. Im September 2013 wurde die Hofanlage auf über 1 MW entdrosselt und die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt. Zwischen 2014 und 2017 wurde ein ursprünglich an die Satellitenanlage gebautes Blockheizkraftwerk der Hofanlage zugebaut. Die Beklagte (Netzbetreiberin) zahlte ab 2013 den Formaldehydbonus nach § 27 Abs. 5 EEG 2009 für beide Anlagen.
Im Jahr 2015 entschied jedoch der Bundesgerichtshof, dass ein Anspruch auf den Formaldehydbonus nur dann gegeben sei, wenn die Anlage bereits bei ihrer Inbetriebnahme immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig sei. Eine erst nachträglich eintretende Genehmigungsbedürftigkeit bringe den Bonusanspruch nicht zur Entstehung. Daraufhin stellte die Beklagte (Netzbetreiberin) die Zahlung des Formaldehydbonus zwischen 2015 und 2017 ein. Weiterhin kürzte sie die fortan ausgezahlte EEG-Vergütung um ihre vermeintlichen Rückzahlungsansprüche aus der Auszahlung des Bonus in den Jahren 2013 bis 2015.
Die Klägerin verlangt nun Zahlung des Bonus für die Jahre 2013 bis 2016.
Entscheidung: Teilweise bejaht.
Begründung: Zunächst stellte das Oberlandesgericht fest, dass Anspruchsgrundlage für den Formaldehydbonus der § 27 Abs. 5 EEG 2009 in der Fassung ohne die ergänzenden Bestimmungen in § 100 Abs. 2 Satz 4 und 5 EEG 2017 sei. Diese Fassung habe zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlagen gegolten; auf spätere Zubauten käme es nicht an.
§ 100 Abs. 2 Satz 4 und 5 EEG 2017, der einen Anspruch auf Zahlung des Formaldehydbonus bei Erweiterung der Anlage auch dann zulässt, wenn diese erst nach ihrer Inbetriebnahme genehmigungsbedürftig wird, sei nicht anwendbar. Der Vorschrift komme auch keine rückwirkende Geltung zu. Hiergegen spreche insbesondere der Gesetzeswortlaut. Eine solche rückwirkende Anwendung könne auch dem Willen des Gesetzgebers nicht entnommen werden und sei verfassungsrechtlich problematisch.
Für die Hofanlage bestehe der Anspruch auf Zahlung des Formaldehydbonus seit 2014. Die bloße Entdrosselung der Anlage 2013 reiche nicht aus, um ihre immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit zu begründen. Allerdings begründe der Zubau des Blockheizkraftwerks im Jahr 2014 die Genehmigungsbedürftigkeit der Anlage. Weiterhin stellt das Gericht fest, dass das Urteil des BGH, wonach eine nachträglich eintretende Genehmigungsbedürftigkeit den Bonusanspruch nicht zur Entstehung bringe, vorliegend nicht anwendbar sei. Denn das Urteil beziehe sich auf eine Genehmigungsbedürftigkeit, die nachträglich durch eine Änderung der Gesetzeslage entstehe. Vorliegend sei die Genehmigungsbedürftigkeit allerdings durch eine bauliche Änderung entstanden.
Hinsichtlich der Satellitenanlage könne das Gericht nicht entscheiden, weil die Rechtsfrage im vorausgegangenen Musterverfahren rechtsverbindlich entschieden worden sei.
Lesen Sie zu dem Thema auch unsere Häufige Rechtsfrage Nr. 121 sowie unseren Datenbankeintrag zum BGH, Urteil v. 06.05.2015 - VIII ZR 255/14.