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OLG Stuttgart: Zum Anspruch auf den Formaldehydbonus gem. § 27 Abs. 5 EEG 2009 bei immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsbedürftigkeit nach Inbetriebnahme

Zu der Frage, ob Biogasanlagen, die durch die Änderung der 4. Verordung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV 2012) nachträglich der immissionschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit unterfallen, einen Anspruch auf den Emissionsminderungsbonus gemäß § 27 Abs. 5 EEG 2009 haben (hier: bejaht. § 27 Abs. 5 EEG 2009 räume den Biogasanlagen bereits nach seinem Wortlaut den streitigen Bonus ein, nachdem die 4. BImSchV sie angesichts ihrer Kapazität für genehmigungsbedürftig und damit für zusatzvergütungsfähig erklärt habe. Denn die dabei in Bezug genommenen bundesimmissionsrechtlichen Grundpflichten besäßen dynamischen Charakter mit Anpassungspflichten an nachträgliche Rechtsänderungen, um sicherzustellen, dass der materielle Standard des Immissionsschutzrechts gewahrt bleibe. Werde aber in einem Gesetz auf die dynamischen Tatbestandsmerkmale eines anderen Gesetzes verwiesen und würden diese damit zur eigenen Tatbestandsvoraussetzung erhoben, seien nicht nur nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung, sondern auch nach der Art der Verweisungstechnik die Vergütungstatbestände dynamisiert, wenn sich aus dem Gesetz selbst oder aus sonstigen Umständen nichts anderes ergebe, was vorliegend der Fall sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Übergangsvorschrift des § 67 Abs. 2 Satz 1 BImSchG Altanlagen nicht genehmigungspflichtig, sondern nur anzeigepflichtig stelle. Denn dies ändere an der Maßgeblichkeit der Anlage als genehmigungsbedürftig und damit als bonusauslösend i.S.d. § 27 Abs. 5 EEG 2009 nichts. Vielmehr behandele diese Vorschrift auch Altanlagen ungeachtet der lediglich bestehenden Anzeigepflicht wie eine genehmigungsbedürftige Anlage. Der Anspruch gemäß § 27 Abs. 5 EEG 2009 sei für diese Anlagen auch nicht davon abhängig, dass der Anlagenbetreiber immissionsmindernde Investitionen getätigt habe. Die allein an die Genehmigungsbedürftigkeit der Anlage anknüpfende Bonusgewährung laufe zudem nicht dem im EEG allgemein formulierten Ziel einer Senkung volkswirtschaftlicher Kosten der Energieversorgung zuwider. Denn dies beinhalte nicht nur eine Senkung der Einspeisevergütung. Durch die Anreizstruktur des EEG würden zusätzliche Stromerzeugungskapazitäten geschaffen, die durch Erhöhung des Stromangebots zu einer Absenkung des Marktpreises und damit zu einem positiven Effekt für die Volkswirtschaft führten.)

Bemerkungen

Anderer Ansicht zur zielgerichteten Investition in eine Anlage zwecks Erreichung einer Genehmigungfähigkeit, um die Formaldehyd-Grenzwerte einzuhalten: LG Suttgart, Urt. v. 12.11.2013 - 24 O 238/13.

Anderer Auffassung Clearingstelle EEG in ihrem Hinweis v. 23.05.2012 - 2012/11: Das Bestehen eines Anspruchs auf den Emissionsminimierungsbonus ist davon abhängig, ob die betreffende Anlage zum Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig gewesen ist. Nachträgliche gesetzliche Änderungen, insbesondere der 4. Verordnung zur Durchführung des BImSchG (BImSchV 2012), können nicht zu einer nachträglichen Berechtigung auf den Bonus gemäß § 27 Abs. 5 EEG 2009 führen.

Datum
Gericht
Instanz
Aktenzeichen

2 U 176/13

Fundstelle

Urteil im Anhang.

Nachinstanz(en)