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Umweltverträglichkeitsprüfung bei Windenergieanlage, Lärm und Schattenwurf, Eilrechtsschutz

Leitsätze

1. Aus dem im Erneuerbare-Energien-Gesetz zum Ausdruck gekommenen Ziel des Bundesgesetzgebers, den Ausbau der erneuerbaren Energien rasch zu fördern, und aus dem mit dem Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg verfolgten Zweck, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, ergibt sich ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von Windenergieanlagen.

2. Dem Gesetzgeber kommt im Hinblick auf die Eignung der Windenergie, zur Reduktion des CO2-Ausstoßes beizutragen, eine Einschätzungsprärogative zu.

3. Die Berechnung der Ausbreitung des von Windenergieanlagen ausgehenden Schalls nach der DIN ISO 9613-2 gemäß Nr. A.2.2 TA-Lärm ist rechtlich nicht zu beanstanden.

4. Tieffrequenter Schall (Infraschall) durch Windenergieanlagen in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen liegt unterhalb der Wahrnehmungs- und damit der Wirkungsschwelle.

5. Die WEA-Schattenwurfhinweise des LAI enthalten zwar keine bindenden Immissionsrichtwerte, aber fachlich begründete Orientierungswerte, deren Beachtung gewährleistet, dass der von einer Windenergieanlage ausgehende Schattenwurf keine Beeinträchtigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verursacht.

6. Vor der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für einen Windpark mit 6 bis weniger als 20 Windenergieanlagen ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen, wenn als Ergebnis der UVP-Vorprüfung auch ohne ins Einzelne gehende, einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorbehaltene Ermittlungen ausgeschlossen werden kann, dass Umweltbelange zu ihrer Versagung führen. Vom Vorhabenträger vorgesehene Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können insbesondere dann dazu führen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist, wenn es sich dabei um technische Standardmaßnahmen handelt, durch die nachteilige Umweltauswirkungen zuverlässig ausgeschlossen werden können (hier: Abschaltzeiten zum Schutz der Fledermäuse).

7. Bei einem Windpark mit 6 bis weniger als 20 Windenergieanlagen ist unter dem Gesichtspunkt des Schutzgutes "Landschaft" im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG als Ergebnis der UVP-Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung nur durchzuführen, wenn die Windenergieanlage das Landschaftsbild über das mit ihrer Errichtung und ihrem Betrieb quasi zwangsläufig verbundene Maß hinaus beeinträchtigen kann. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, kann mit einer nach "Wirkzonen" differenzierten Untersuchung unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Landschaftsbildes (Vorbelastungen) ermittelt werden.

8. Der Wert eines Grundstücks fällt nicht unter das Schutzgut "sonstige Sachgüter" in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UVPG.

Datum
Instanz
Aktenzeichen

8 S 534/15

Gesetzesbezug