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Was passiert, wenn Netzbetreiber oder Dritte die Messeinrichtungen nicht (rechtzeitig) installieren oder eine Messeinrichtung (zeitweise) defekt ist?

Grundsätzlich ist jede Entnahme aus dem und jede Einspeisung in das Netz für die allgemeine Versorgung messtechnisch zu erfassen und einem Bilanzkreis zuzuordnen (§ 4 Abs. 3 StromNZV).

Gegenwärtig kommt es in zahlreichen Fällen zu Verzögerungen beim Einbau der notwendigen Messeinrichtungen.

Für das Setzen von Zählern sah das MsbG bis zum 27. Mai 2023 keine gesetzliche Frist vor.

Vor diesem Hintergrund hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) am 28. Oktober 2022 ein Positionspapier zur verzögerten Bereitstellung von Messeinrichtungen bei Inbetriebnahme von EEG-Anlagen (BK6-22-362) veröffentlicht, wonach u.a. der Einbau einer Messeinrichtung als Ersatzmaßnahme durch den Anschlussnutzer oder den Anlagenbetreiber (Selbstvornahme) möglich sein solle, wenn eine Wartezeit von mehr als einem Monat ab Beantragung zur Setzung der erforderlichen Messeinrichtung durch den Messstellenbetreiber überschritten wird.

Frist zur Zählersetzung seit 27. Mai 2023

Die Überlegungen des Positionspapiers der BNetzA hat der Gesetzgeber aufgegriffen: Gemäß § 3 Abs. 3a MsbG des am 27. Mai 2023 in Kraft getretenen Gesetzes zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW) ist der grundzuständige Messstellenbetreiber verpflichtet, einer von einem Anschlussnehmer /-nutzer (z.B. Anlagenbetreiber/in) verlangten Änderung oder Ergänzung einer Messeinrichtung im Niederspannungsnetz spätestens innerhalb eines Monats nach Auftragseingang durch Vornahme aller erforderlichen Arbeiten nachzukommen. Nimmt der grundzuständige Messstellenbetreiber die erforderlichen Arbeiten innerhalb von sechs Wochen nicht (vollständig) vor, hat der Anschlussnehmer /-nutzer das Recht, einen fachkundigen Dritten auf eigene Kosten mit dem Einbau einer Messeinrichtung zu beauftragen (Selbstvornahme). Dabei sind u.a. die allgemein anerkannten Regeln der Technik einzuhalten (zu den Anforderungen im Einzelnen § 3 Abs. 3a MsbG)

Zur Selbstvornahme, wenn der Messstellenbetreiber vor Inkrafttreten des GNDEW mit dem Setzen einer Messeinrichtung beauftragt wurde,  siehe Folie 7 des BMWK-Vortrags beim 45. Fachgespräch der Clearingstelle EEG|KWKG.

Es steht den Anlagenbetreibern grundsätzlich frei, anstelle des grundzuständigen Messtellenbetreibers (in der Regel der zuständige Netzbetreiber) gemäß § 5 Abs. 2 MsbG einen Dritten mit dem Messstellenbetrieb zu beauftragen (siehe Leitsatz 6 und Abschnitt 3.4 der Empfehlung 2016/26), sofern dieser einen einwandfreien Messstellenbetrieb nach Maßgabe des MsbG (dazu Leitsatz 7 und Abschnitt 3.5 der Empfehlung 2016/26) gewährleistet. Dabei sind jedoch u.a. Kündigungsfristen aus ggf. bereits bestehenden Messstellenbetriebsverträgen zu beachten.

Folgen für EEG-Vergütungsanspruch bei fehlendem Einspeisezähler

Bitte beachten Sie, dass ein Vergütungsanspruch nur dann fällig wird, wenn die vergütungsfähige Strommenge eindeutig bestimmbar ist. Lesen Sie hierzu auch die Häufige Rechtsfrage „Besteht ein EEG-Vergütungsanspruch vor der Einspeisemitteilung an den Netzbetreiber bzw. vor dem Setzen eines Einspeisezählers?“.

Für den Fall, dass der Netzanschluss vorgenommen und für einen bestimmten Zeitraum Strom eingespeist wurde, der jedoch nicht über eine geeichte (oder funktionierende) Messeinrichtung erfasst wurde, weil die Messeinrichtung entweder durch den Netzbetreiber als grundzuständigen Messstellenbetreiber oder durch einen Dritten verspätet installiert wurde oder einen Defekt aufwies, haben Anlagenbetreiberinnen und -betreiber, um ihren Mitteilungspflichten aus dem EEG gerecht zu werden, die Richtigkeit von Messwerten auf anderem Wege plausibel darzulegen, indem sie bzw. ein Dritter in ihrem Auftrag (z. B. der Messstellenbetreiber) eine plausible und nachvollziehbare Ersatzwertbildung durchführen.

Plausibel ist ein Ersatzwert jedenfalls dann, wenn er nach Maßgabe des Metering Code bzw. des § 71 Abs. 3 MsbG (bei nicht mehr geeichten Messeinrichtungen) unter Beachtung der einschlägigen BK6-Festlegungen gebildet wurde (vgl. dazu Empfehlung 2018/33 Leitsatz Nr. 5, Rn. 52 ff.).

Bitte beachten Sie, dass ungeeichte Messwerte aus dem Wechselrichter in der Regel nur dann als Ersatzwerte für einen Vergütungsanspruch für in das Netz eingespeisten Strom in Erwägung gezogen werden können, wenn die Anlage als Volleinspeisungsanlage angeschlossen ist. Beim Anschlusses einer Anlage in Überschusseinspeisung ohne Einspeisezähler am Übergabepunkt lässt sich die tatsächlich eingespeiste (und damit die dem Grunde nach vergütungsfähige) Strommenge i.d.R. nicht durch plausible Ersatzwertbildung ermitteln. 

Überschusseinspeisung ohne rücklaufgesperrten Bezugszähler

Der Anschlusses einer Anlage in Überschusseinspeisung ist in den Fällen, in denen kein rücklaufgesperrter Bezugszähler am Übergabepunkt vorhanden ist, nach der gegenwärtigen Rechtslage rechtswidrig. Denn bei einem Bezugszähler ohne Rücklaufsperre werden unterschiedlich zu bewertende Stromflüsse (EEG-Vergütung für eingespeisten Strom und Strompreis des Energieversorgungsunternehmen für bezogenen Strom) saldiert, indem die bezogene Strommenge um die eingespeiste Strommenge verringert wird. Dies würde jedoch die Abrechnung der tatsächlich vom Energieversorgungsunternehmen gelieferten Strommenge verfälschen.

Weitere Rechtsfolgen bei Einspeisung ohne Einspeisezähler

Das Fehlen von geeichten Einspeisezählern stellt zudem eine bußgeldbewährte Ordnungswidrigkeit nach dem MessEG dar (dazu Empfehlung 2018/33, Leitsatz Nr. 4). Ein alternatives Verfahren zur Messwertbildung bei Verstößen gegen das Mess- und Eichrecht kann deshalb jedenfalls nicht dauerhaft angewendet werden.

Zum Umgang mit unplausiblen Messwerten im EEG lesen Sie bitte den Schiedsspruch 2018/27.

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